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Zivilisationskritik und Kulturpessimismus im Ammenprolog von Euripides´ Medea

Silvio Bär


Pages 215 - 233



Die Eingangsworte der euripideischen Medea gehören zu den berühmtesten Passagen unter den erhaltenen attischen Tragödien. Dramaturgisch geschickt gewählt zur Exposition einer Extremsituation durch eine zwar involvierte, doch auf einer tieferen sozialen Stufe stehenden Nebenfigur, scheint der Medea-Prolog wenig Raum für Neudeutungen zuzulassen. Gleichwohl ist einigen in den ersten Versen (1–11) evozierten Assoziationen bislang zu wenig Beachtung geschenkt worden: Indem Medeas Amme das Drama mit einer Verwünschung der Argonautenfahrt und der Argo, ja der Schifffahrt ganz allgemein eröffnet, wird eine kulturpessimistische, zivilisationskritische Sicht der menschlichen Entwicklung gezeichnet, die den zu Euripides’ Zeit populären aszendenten Entwicklungstheorien der Sophistik entgegensteht. Die im Prolog aufgerufenen Denkmuster und die damit einhergehende Weltsicht lassen sich für eine Gesamtdeutung des Dramas insofern fruchtbar machen, als das Drama als Warnung am Vorabend des Peloponnesischen Krieges verstanden werden kann.

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