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Autofiktionalität bei Ovid

Überlegungen zur Gedankenführung und Sprecherinstanz in Amores 2,1

Christopher Diez


Seiten 425 - 448



Der vorliegende Aufsatz geht von der Beobachtung aus, dass sich die römische Liebeselegie sowohl durch eine autobiographische als auch durch eine fiktionale Inszenierung auszeichnet, ohne dass bislang eine überzeugende rezeptionsorientierte Analyse und Interpretation dieses Nebeneinanders gelungen ist. Mithilfe von Einsichten aus der Fiktionalitätsforschung möchte er anhand der Erschließung von Ov. am. 2,1 eine autofiktionale Lesart der Elegie vorschlagen, die beide Inszenierungsweisen ernstnimmt und ihre jeweilige Funktion innerhalb eines zentralen elegischen Textes untersucht. Die Analyse der dortigen, dem römischen Rezipienten vertrauten Faktualitätsund Fiktionalitätsmarker kommt zu dem Ergebnis, dass am. 2,1 als transitorische Einleitungselegie Ovids elegisches Programm auf zwei verschiedenen Ebenen (poetologisch vs. innerelegisch) darstellt, durch das Nebeneinander der autobiographischpoetologischen und fiktionalen Inszenierung dem Rezipienten die Unterscheidung zwischen der Stimme des Autors und dem elegischen Ich ermöglicht und eine autobiographische Lesart der folgenden, nicht explizit poetologisch-programmatischen Elegien verhindern möchte. Im Ergebnis wird Ovid dadurch als ein Autor bestimmt, der durch eine kunstvolle Systematisierung der Sprecherinstanzen eine breite Rezipierbarkeit seiner Texte sichert.

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