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‚tenerorum oblitus amorum‘ (Tr. 5,7a,21)

Verena Schulz


Pages 567 - 591



Der Aufsatz untersucht das literarische Motiv des ,Vergessens‘ in Ovids Exildichtung. Dabei werden drei verschiedene Vergessensprozesse und ihre literarischen Wirkungen analysiert. Sie unterscheiden sich darin, wer vergisst, was vergessen wird und als wie möglich oder erwünscht das Vergessen dabei dargestellt wird. Erstens wird das Vergessen der gemeinsamen Vergangenheit durch Ovid und seine Freunde und Feinde betrachtet. Ovid thematisiert hier das Vergessen, um Erinnerung herzustellen oder nachzuweisen. Gegenüber seinen Freunden und Feinden fürchtet er den Gedächtnisverlust von anderen und inszeniert die Unmöglichkeit, selbst die Taten anderer für und gegen ihn zu vergessen. Zweitens werden Ovids aktive Versuche untersucht, seine eigene Exilsituation zu vergessen. Das Vergessen erscheint hier als etwas Positives, das durch das Dichten oder die Droge Lotus zumindest teilweise herbeigeführt werden kann. Drittens wird Ovids angebliches Vergessen seiner eigenen Dichteridentität und seines Werkes betrachtet. Diese Vergessensform trägt deutlich paradoxe Züge, da das Schreiben über die vorgebliche Selbstvergessenheit durch intertextuelle Bezüge gerade an den Dichter und sein Werk erinnert.

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